Die Portfoliodiät, die in randomisierten Studien das LDL-Cholesterin kurzfristig ähnlich stark gesenkt hat wie Lovastatin, könnte Erwachsene langfristig vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Die Analyse von drei prospektiven Beobachtungsstudien in Circulation ermittelt einen signifikanten Rückgang von koronaren Herzkrankheiten, Schlaganfällen und der Gesamtzahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die Portfoliodiät wurde von dem Ernährungswissenschaftler David Jenkins an der Universität Toronto entwickelt, um den Cholesterinspiegel im Blut allein durch eine Umstellung der Ernährung zu senken.
Die Diät rät zur Vermeidung von Lebensmitteln mit einem hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin und empfiehlt pflanzliche Proteine (Hülsenfrüchte, insbesondere Soja), Ballaststoffe (Hafer, Gerste, Flohsamen, Okra, Auberginen, Beeren, Äpfel und Zitrusfrüchte) sowie Nüsse und Samen.
Empfohlen wird auch eine höhere Aufnahme von Phytosterinen durch angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel sowie pflanzliche einfach ungesättigte Fette (zum Beispiel aus Pflanzenölen und Avocado). Phytosterine kommen hauptsächlich in fettreichen Pflanzenteilen vor. Besonders reich sind sie in Sonnenblumensamen, Weizenkeimen, Sesam und Sojabohnen sowie Kürbiskernen enthalten. Durch Verarbeitung, z. B. Raffinieren von Ölen, verlieren diese einen hohen Teil ihres Gehalts. Wertvoll sind daher besonders die unbehandelten nativen Öle, Fette und Samen.
Jenkins hatte vor zwei Jahrzehnten in einer kleineren randomisierten Studie mit 46 Teilnehmern zeigen können, dass die Portfoliodiät innerhalb eines Monats den LDL-Cholesterinwert um 31 % senken kann, während Lovastatin (ein älterer Cholesterinsenker mit vergleichsweise geringer Wirkung) das LDL-Cholesterin um 29 % senkte gegenüber einem Rückgang um 8 % durch eine Kontrolldiät).
In einer Metaanalyse aus sieben Studien mit 439 Teilnehmern fiel der Effekt mit einem Rückgang des LDL-Cholesterins um 17 % etwas geringer aus. Auch diese Studien hatten in der Regel nur eine Dauer von wenigen Wochen, so dass sie – anders als in den größeren Interventionsstudien zu Statinen – keine Auswirkungen auf die Zahl der Herz-Kreislauf-Ereignisse belegen konnten.
Jenkins hat deshalb zusammen mit Epidemiologen der T. H. Chan School of Public Health in Boston an den Daten der beiden „Nurses’ Health Studies“ und der „Health Professionals Follow-Up Study“ untersuchen lassen, wie sich die Portfolio-Ernährung auf die Zahl der Herz-Kreislauf-Ereignisse auswirken könnte. Die Teilnehmer der drei Studien haben alle vier Jahre einen Ernährungsfragebogen ausgefüllt. Die Angaben wurden mit einem „Portfolio Diet Score“ (PDS) bewertet.
Während einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 30 Jahren haben von den 210.240 Teilnehmern der drei Studien 16.917 ein Herz-Kreislauf-Ereignis erlitten, darunter waren 10.666 koronare Ereignisse und 6.473 Schlaganfälle. In dem Fünftel (Quintil) mit dem höchsten PDS kam es zu 14 % seltener zu Herz-Kreislauf-Ereignissen als im Quintil mit dem niedrigsten PDS. Die adjustierte Hazard Ratio von 0,86 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,81 bis 0,92 signifikant.
Vergleichbare Ergebnisse wurden für koronare Ereignisse (Hazard Ratio 0,86; 0,80-0,93) und für Schlaganfälle (Hazard Ratio 0,86; 0,78-0,95) ermittelt.
Die Assoziationen waren „dosisabhängig“ (in epidemiologischen Studien immer ein Hinweis für eine Kausalität, die sich in ihnen allerdings nicht beweisen lässt): Ein um 25 Perzentile höherer PDS senkte das Risiko auf ein Herz-Kreislauf-Ereignis um 8 % (Hazard Ratio 0,92; 0,89-0,95). Ähnliche Assoziationen wurden für koronare Ereignisse (Hazard Ratio 0,92; 0,88-0,95) und Schlaganfälle (Hazard Ratio 0,92; 0,87-0,96) gefunden. Auch ein günstiger Effekt auf Lipidprofile und Entzündungsparameter war nachweisbar.
Dass der Effekt relativ gering ausfiel, könnte damit zusammenhängen, dass die Diätempfehlungen nicht den derzeitigen Essgewohnheiten der US-Amerikaner entsprechen. Nur weniger Personen erreichten die empfohlenen Mengen. Einige wichtige Komponenten der Portfoliodiät, darunter Gerste und Okra, wurden in den Fragebögen gar nicht erfasst.
© rme/aerzteblatt.de