Weltweit verbreitetes Schmerzmittel
Schon in der Antike wussten Ärzte, dass ein Wirkstoff aus der Weidenrinde Fieber senkt und Schmerzen lindert – doch ohne weitere Zutaten hatte das Naturheilmittel heftige Nebenwirkungen: Salicylsäure greift die Schleimhäute an und löst Brechreiz aus. Erst im Kombipack mit einer Essigsäureverbindung wurde der Wirkstoff verträglich. Acetylsalicylsäure ist auch heute noch das weltweit wohl am häufigsten eingesetzte Schmerzmittel. 50.000 Tonnen Acetylsalicylsäure werden heute pro Jahr produziert.
Hemmung der Blutgerinnung
In den 1930er Jahren fiel im Bereich des Mississippi einem Zahnarzt auf, dass Menschen, die ASS wegen Gelenkschmerzen einnehmen, bei Zahnextraktionen vermehrt bluteten. Er begann dann, diese Patientinnen und Patienten zu fragen, ob sie schon Blutungskomplikationen hatten oder andere Ereignisse aufgetreten waren. Dabei fiel ihm auf, dass Menschen, die regelmäßig ASS nahmen, offenbar keine Herzinfarkte hatten.
Es dauerte dann allerdings bis zur Mitte der 1970er Jahre, bis klar war, dass ASS ein Thrombozytenfunktionshemmer ist und möglicherweise in der Sekundärprävention von vaskulären Erkrankungen wirksam ist. 1974 erschien die erste randomisierte Studie im BMJ, die zeigte, dass ASS in der Sekundärprävention nach einem Herzinfarkt die Rate an Herzkreislauf- Ereignissen reduziert.
In den USA und Europa wurde ASS dann 1980 zur Sekundärprävention, das bedeutet zur Vermeidung eines Fortschreitens oder Verhinderung weiterer Herzkreislauf-Ereignisse wie des Schlaganfalls und 1985 des Herzinfarkts zugelassen. Für fast 50 Jahre wurde ASS auch fast flächendeckend in der Primärprävention, also zur Vorbeugung von Herzkreislauf-Ereignissen eingesetzt. In der Zwischenzeit gibt es allerdings genügend Studien, die zeigen, dass ASS in der Primärprävention nicht wirklich wirksam ist und lediglich das Blutungsrisiko erhöht.
In der Sekundärprävention ist ASS eindeutig wirksam beim Schlaganfall, die frühe Gabe direkt nach einem flüchtigen oder anhaltendem Hirnschlag reduziert das Rezidivrisiko in den ersten 4 Wochen um 50 % und in der Langzeittherapie um 20 %.
Kombinationen mit anderen Wirkstoffen
Zudem konnte auch gezeigt werden, dass die Kombination von ASS und Clopidogrel nicht wirksamer ist als ASS alleine und Clopidogrel alleine. Allerdings ist die Kombination von Dipyridamol und ASS wirksamer als ASS alleine. Dies gilt auch für die Kombination von ASS mit Cilostazol.
In der Kurzzeitprophylaxe für einen Zeitraum von 10–30 Tagen nach Hochrisiko-TIA und leichtem Schlaganfall konnte gezeigt werden, dass die Kombination von ASS plus Clopidogrel bzw. ASS plus Ticagrelor wirksamer ist als ASS alleine, allerdings ist auch das Blutungsrisiko höher.
Nebenwirkungen von ASS
Aspirin oder andere Präparate mit dem Wirkstoff ASS sollten nicht zu leichtfertig eingenommen. Übertreibt man es damit, können diese – und andere – Schmerzmittel erhebliche Nebenwirkungen haben.
Acetylsalicylsäure zum Beispiel kann bei längerer und regelmäßiger Einnahme auf den Magen schlagen und so Blutungen und Geschwüre auslösen. Täglich werden deshalb Menschen mit blutenden Magengeschwüren oder sogar -durchbrüchen in Krankenhäuser eingeliefert. Für den klinischen Alltag gibt es noch eine wichtige Beobachtung: Bei Menschen über 75 Jahren ist bei der Einnahme von ASS auch in niedriger Dosis das Risiko oberer gastrointestinaler Blutungen erhöht. Deswegen sollte in diesen Fällen ASS mit einem Protonenpumpenhemmer kombiniert werden.
Quelle: Bayer Presseveröffentlichung / Medscape.com