In einer großen prospektiven Beobachtungsstudie in JAMA Internal Medicine waren bereits wenige tägliche Schritte mit einem niedrigen Risiko auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und einem vorzeitigen Tod assoziiert. Besonders günstig wirkte sich körperliche Bewegung laut den in JAMA Neurology publizierten Daten auf das Demenzrisiko aus.
Insgesamt 78.500 Teilnehmer der UK Biobank, die seit 2006 Blutproben und Daten zu einer halben Million Briten gesammelt hatte, nahmen zwischen Februar 2013 und Dezember 2015 eine Einladung an, über 7 Tage einen Akzelerometer zu tragen, der die tägliche Schrittzahl registrierte.
In den folgenden 7 Jahren wurden 10.245 Teilnehmer wegen kardiovaskulärer Ereignisse im Krankenhaus behandelt und 2.813 sind an Krebs erkrankt. Bei 866 Teilnehmern wurde eine Demenz diagnostiziert. Es gab 2.179 Todesfälle, davon 1.325 an Krebs und 664 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ein Team um Borja del Pozo Cruz von der Syddansk Universitet in Odense hat die Daten jetzt mit der Schrittzahl in Beziehung gesetzt. Für alle Endpunkte wurde eine protektive Wirkung der täglichen Schrittzahl ermittelt. Sie setzte bereits bei einer geringen Schrittzahl ein und war bis zu etwa 10.000 Schritten am Tag linear.
Der Effekt war sowohl für gelegentliche Bewegungen (mit weniger als 40 Schritten pro Minute) als auch für planmäßige Bewegungen (mehr als 40 Schritte pro Minute) und die Schrittintensität (Kadenz mit der höchsten Schrittzahl pro Minute) nachweisbar.
Bei über 10.000 hinausgehenden Schrittzahlen war kein weiterer sicherer Vorteil erkennbar. In den meisten Kurven deutete sich ein Plateau an. Eine sichere Bewertung scheitert daran, dass nur wenige Teilnehmer, die bei der Studie im Durchschnitt 61 Jahre alt waren, mehr als 10.000 Schritte am Tag gingen.
Laut del Pozo Cruz sank das Risiko auf einen vorzeitigen Tod pro 2.000 Schritte um 8 % bis 11 %. Bei 10.000 Schritten wären das immerhin 40 % bis 55 %, wobei eine prospektive Beobachtungsstudie eine Kausalität niemals beweisen kann. Die UK Biobank hat zwar durch die ausführlichen Befragungen eine Vielzahl von Patienteneigenschaften ermittelt, und die körperlichen Untersuchungen einschließlich von Laborwerten haben eine Reihe von Risikofaktoren aufgedeckt.
Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass sich Menschen weniger bewegt haben, weil sie sich im Vorstadium einer Demenz befanden. Dann wäre eine verminderte Schrittzahl ein Marker für den Morbus Alzheimer, der bekanntlich eine lange Vorlaufzeit hat, in der sich die Amyloide im Gehirn ablagern, ohne dass dies zu einem Arztbesuch und zu einer Diagnose führt.
Die Assoziationen waren bei der Demenz besonders deutlich. Das niedrigste Risiko hatten Personen, die am Tag 9.826 Schritte zurücklegten. Del Pozo Cruz ermittelt eine Hazard Ratio von 0,49, also eine Halbierung des Demenzrisikos, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,39 bis 0,62 hochsignifikant war. Aber auch 3.826 Schritte am Tag könnten mit einer Hazard Ratio von 0,75 (0,67-0,83) das Demenzrisiko um ein Viertel senken.
Auch hier war es für eine Schutzwirkung unerheblich, ob die Betroffenen die Schritte im Alltag oder absichtlich bei längeren Spaziergängen zurücklegten. Die optimale Schrittkadenz waren 112 Schritte pro Minute. Sie senkten das Demenzrisiko bei einer Hazard Ratio von 0,38 (0,24-0,60) um 2/3, wenn denn der Assoziation eine Kausalität zugrunde liegt.
Quelle: aerzteblatt.de